Samstag, 17. November 2012

Der zweite Beginner Cup

So, nach einer hektischen Zeit, in der ich weder die richtige Gelegenheit, noch die richtige Motivation hatte, hier weiter zu schreiben, hier mal wieder etwas aus meinem Golftagebuch:
 
Noch immer schreiben wir das Jahr 2012, noch immer ist Oktober. Der 20ste, um genau zu sein. Die gezwungener Maßen auf 6 Löcher gekürzte Runde des Vortages hatte Lust auf mehr gemacht, genauer, auf den zweiten Beginner Cup.
 
Diesmal war ich mit meinem Schwager in einem gemeinsamen Flight angemeldet. Er brachte noch einen Nachbarn mit, der auch schon seit längerem Golf spielt, jedoch nur äußerst selten und daher auch ein kompletter Anfänger war. Dieser war jedoch nicht unserem Flight zugeordnet, sondern dem nachfolgenden.
 
Das Einschlagen verlief einigermaßen katastrophal aber das war ich ja inzwischen schon gewöhnt. Ich lernte allmählich, dass ich immer einige Zeit brauche, bis ich auf Betriebstemperatur bin. Das zeigte sich auch darin, dass ich auf meinen bisherigen Runden in der zweiten Hälfte immer deutlich mehr Punkte geholt hatte als in der ersten.
 
Unserem Flight wurde noch ein dritter Spieler namens Axel zugeteilt, für den ich Zähler war. Er spielte schon etwas länger als wir und hatte auch das beste HC, wenn auch nicht überragend besser als das unsere. Auch diesmal verlief die Begrüßung sehr angenehm und es kam sofort eine lockere Atmosphäre auf. Das erste Mal durchatmen, offenbar wieder kein Stinker mit auf der Runde...
 
Axel hatte die Ehre am ersten Abschlag. Ich wurde innerlich ganz klein als er die "dicke Bertha" auspackte, den Driver. Der erste Schlag - und sein Ball hoppelte gut und gerne 30 Meter weit, davon allerdings nur 20 geradeaus, den Rest nach rechts. Mein Gefühl dabei war zwiespältig. Einerseits gönnt man dem Spielpartner grundsätzlich nur das Beste und wusste ich außerdem von meinem ersten Turnier genau, wie unangenehm, demütigend und insgesamt schlecht für das Selbstvertrauen es ist, wenn man ein Wettspiel so beginnt. Andererseits konnte ich ein gewisses Gefühl der Beruhigung nicht verleugnen, weil nun die Gefahr gebannt war, dass ich mich erneut als einziger am ersten Abschlag "blamieren" würde.
 
Als nächster war mein Schwager an der Reihe, der das Bällchen sehr solide, vielleicht 130 Meter weit und mit nur ganz leichter Abweichung nach rechts - in der Golfsprache heißt so etwas "Slize" schlug und zufrieden sein konnte. Nun war ich an der Reihe. Ich entschied mich - wenn ich mich heute noch richtig erinnere - erneut konservativ für mein Eisen 7. Zu meinem eigenen, größten Erstaunen, flog auch mein Ball vorwärts. Dazu noch schnurgerade. Er landete, nur wenige Meter kürzer als der meines Schwagers, mitten auf dem Fairway und damit in der deutlich besten Position zur Fahne von uns dreien. Ich schöpfte vorsichtig Hoffnung, die Runde könnte vielleicht doch erfolgreicher verlaufen als nach dem Durchgang vom Vortag zu erwarten gewesen wäre.
 
Der restliche Rundenverlauf ist mir inzwischen nur noch bruchstückhaft erinnerlich - vielleicht ein Zeichen dafür, dass ich inzwischen doch schon ein paar mehr Runden gespielt habe und mir daher nicht mehr jedes Detail einer jeden Runde merken kann?
 
Ich weiß noch, dass ich beim ersten Loch 2 Nettopunkte holte und ob dieser Tatsache ausgesprochen zufrieden war. Leider folgt auf den ersten 9 Löchern in Wall dann gleich mein persönliches Horrorloch. Dort wurde diesmal auch mein Spitzname geprägt. Nachdem ich meinen Schwager ja schon zuvor "Captain Hook" getauft hatte, in Anspielung auf seine vielen Schläge, bei denen der Ball einen Linksbogen, im Golferlatein ein sog. "Hook" beschrieb (na ja, der Bogen ging eigentlich nach rechts, der Ball landete nur weiter links, also, je nachdem, ob man den Innen- oder den Außenbogen einer Kurve beschreibt, war er rechts oder links, na ihr wisst schon, was ich meine...), führte Loch 2 des Fontaneplatzes an jenem Tag dazu, dass auch mein Schwager auf den Spitznahmen "Rough Boy", nach einem Titel von ZZ Top, verfiel, den mir mein Kollege schon viel früher verpasst hatte.
 
Loch 2 ist ein langes Par 5, vom Herrenabschlag 512 Meter, mit einem Dogleg (Kurve) von fast 90° nach rechts nach etwa 300 Metern. Ich weiß nicht warum, ich habe dieses Loch noch nie - und das schließt auch die beiden Runden ein, die ich nach dem hier beschriebenen Turnier bis zum heutigen Tage noch auf diesem Platz gespielt habe, auf dem Fairway zuende gespielt. Mit Mühe und Not komme ich mit dem Abschlag bis zum Beginn des Fairways, von dort aus geht es immer, wirklich IMMER, über zwei rechts gelegene Bunker ins tiefe Rough, das dort aus langem, liegenden Gras und ein paar frisch gepflanzten, jungen Bäumen besteht. So auch diesmal. Mit meinem zweiten Schlag landete ich am rechten Rand des Semi - Roughs, unmittelbar zwischen den beiden Bunkern. Von dort hätte ich nur noch etwa 110 Meter geradeaus spielen müssen und ich hätte perfekt im Kurvenscheitel des Dogleg gelegen. Stattdessen traf ich den gar nicht schlecht liegenden Ball wieder viel zu weit innen, dass heißt, zu nah am Körper, woraufhin er einen fröhlichen Slize beschrieb und mitten in besagtem Heavy Rough landete. Da das Gras inzwischen schon trocken, braun und relativ dünn war, war er wenigstens gut zu finden. Von dort startete ich meine erneute Reise durchs Rough. Es war wieder ein sehr guter aber natürlich auch mehrere miese Schläge dabei und letztlich punktete ich erwartungsgemäß nicht am 2. Loch.
 
Weil ich mich wieder mehr darüber ärgerte als gut für mich und vor allem für mein Spiel war, wurde es bei den folgenden Löchern eher noch schlimmer als besser und ich versemmelte einfach wieder zu viel Bälle. Wäre es mir gelungen, einfach meine Fehlerquote zu verringern, vielleicht mehr Konzentration für jeden einzelnen Schlag aufzubringen und stattdessen weniger darüber nachzudenken, ob mich meine Spielpartner wohl gerade wieder innerlich auslachten (würden sie nie tun, ist ja ein Gentlemen - Sport), hätte die Runde vielleicht wirklich ganz gut ausgesehen, denn inzwischen fiel mir immer öfter auf, dass diejenigen Schläge, bei denen ich keine ganz schweren Fehler einbaute, eigentlich sehr verlässlich und ansehnlich kamen. Natürlich fehlte mir nach wie vor viel Weite im Vergleich zu besseren Spielern. Die gute Schlägerkopfgeschwindigkeit ist mir scheinbar einfach nicht gegeben, weil ich sehr unbeweglich bin und meine Rotationsgeschwindigkeit dementsprechend langsam ist. Dennoch ist mein derzeitiges Ziel seit diesen Tagen, nicht mehr zu versuchen, meine besten Schläge weiter zu verbessern, weil ich verstanden zu haben glaube, dass das ohnehin von selbst passiert, sondern eher die Quote der schweren, "unforced Errors" zu verringern. Ich bin mir sicher, ich würde so bei erheblich mehr Bahnen punkten, denn  das was funktioniert, funktioniert tatsächlich schon ganz gut.
 
Allmählich wurde mein Spiel wieder besser. Ich sammelte ein paar Pünktchen und war durchaus hoffnungsvoll, mein Ergebnis vom ersten Beginner Cup verbessern zu können. Mein persönliches Highlight des Tages war der Abschlag an Loch 7. Das ist das, was über den großen Teich geht. Ich überlegte kurz, ob ich es mit einem längeren Eisen oder sogar einem Fairwayholz versuchen wollte, um eine etwas größere Chance zu haben, die 60 oder 70 Meter über den Teich zu schaffen, wenn es überhaupt so viel ist. Letztlich siegte auch hier zum Glück die Vernunft und ich entschied ich mich erneut für den Schläger, mit dem ich derzeit noch die größte Chance auf einen vernünftigen Golfschlag habe - mein Eisen 7. Ich visierte den rechten Rand des Fairways an, dort, wo die Distanz über den Teich etwas kürzer ist als in der Mitte, weil er dort bereits schmaler wird.
 
Axel hatte zuvor zwei Bälle hintereinander in den Teich geschlagen und das Loch streichen lassen. Mein Schwager hatte den ersten Ball so extrem weit innen getroffen, dass er fast rechtwinklig nach rechts abzischte, einen Baum am rechten Bahnrand traf und vor dort auf die neben dem Platz verlaufenden Bahngleise sprang. Sein zweiter  Abschlag (rechnerisch sein dritter Schlag an diesem Loch, wegen des Strafschlages, den er sich durch den Verlust des ersten Balles zugezogen hatte) ging souverän über den Teich und landete etwas linksseitig auf dem Fairway.
 
Nun war ich also als Dritter an der Reihe und war vielleicht auch deshalb wieder etwas lockerer, weil meine beiden Partner sich auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatten. Es gelang mir hier recht gut, mich auf die elementaren Dinge zu konzentrieren. Ich schwang locker durch den Ball, ohne Kraft und mit gerade so viel Geschwindigkeit, wie es meine relativ schlechte Beweglichkeit kontrolliert zuließ, um den Schläger nicht noch irgendwie durch eine zu weit überdrehte Rotation des Körpers zu verreißen. Zur Belohnung erfolgte das Geräusch, nach dem jeder Golfer sich nach jedem Schlag sehnt und das allein schon ausreichte, mir ein halbdebiles, glückliches Grinsen aufs Gesicht zu nageln. Der Ball hob sich in der vielleicht besten Flugkurve, die ich bei einem Schlag bislang zustande gebracht hatte. Er flog souverän über den Teich und landete, vielleicht 20 oder 25 Meter dahinter, mittig auf dem Fairway. So war ich der einzige von uns Dreien, der mit dem ersten Schlag über das Wasser gekommen war und lag anschließend auch noch am besten. Was für ein Triumphgefühl. Nicht, weil ich es besser gemacht hatte als meine Partner, sondern weil ich meine Unsicherheit und Nervosität besiegt hatte und mir dadurch ein Schlag gelungen war, der genau so war, wie ich ihn mir gewünscht und vorgestellt hatte.
 
Was soll ich sagen? Ich spielte weiter mies. Zu meinem eigenen Entsetzen erspielte ich durch ein völliges Versagen am letzten, einfachen Par 3 auf Bahn 9 nur dieselben, läppischen 11 Nettopunkte, wie bei meinem ersten Beginner Cup. Nur, dass ich mich diesmal nicht auf eine Verletzung herausreden konnte. Im ersten Moment war ich versucht, mein schönes neues Bag, den dazugehörigen Trolley und meinen Schlägersatz einfach stehen zu lassen oder auf der Terasse des Clubhauses zu verschenken. Mein Schwager hatte natürlich wieder toll gespielt und sich diesmal gleich um 5 HC - Punkte verbessert. Während es mir also erneut nicht einmal annähernd gelungen war, mein Anfänger HC von -54 auch nur zu bestätigen, war er nunmehr schon bei - 48. Beneidenswert. Leider auch hochverdient, wie ich neidlos anerkennen musste. Es vertiefte dennoch den Schmerz über das eigene Versagen. Noch mehr nervte mich, dass sein Nachbar, der im Flight hinter uns gestartet war, jedoch um einiges später auf der Terasse ankam, noch schlechter als ich gespielt und den insgesamt letzten Platz des Turniers belegt hatte, wie ich am nächsten Tag in der Ergebnisliste feststellte, dabei aber trotzdem noch ekelhaft gut drauf war...
 
In den folgenden Stunden passierte das "Golfwunder" erneut. Ich freute mich daran, dass ich diesmal den Punkten an vielen Löchern viel näher gewesen war als bei meinen Runden zuvor, was eben durchaus einen spürbaren Fortschritt bedeutete und in Aussicht stellte, bei nur etwas geringerer Fehlerquote, bereits etliche Punkte mehr einheimsen zu können, und vor allem natürlich über meinen grandiosen Abschlag am 7. Loch. Alles andere, Frust, Demütigung, Schande, die ich phasenweise empfunden hatte, verloren ob dieser Erkenntnisse und Erfolge völlig an Bedeutung und ich freute mich, noch ehe wir zuhause ankamen, schon wieder mächtig auf die nächste Runde.
 
Golf ist erstaunlich.
 

Donnerstag, 1. November 2012

Endlich wieder Golf

Am 19.10.2012 war es nach 5 schwierig zu überstehenden Wochen endlich soweit:

Ich hatte wieder eine Verabredung zum Golf.

Nachdem mein zwischenzeitlicher Comeback - Versuch zwei Wochen zuvor kläglich gescheitert war (siehe "Der Frust des Golfers"), war ich diesmal in der Lage, mir die Hosen ohne neuerliche Verletzungen anzuziehen und machte mich voller Vorfreude auf den Weg nach Wall.

Ein "Spielkamerad" aus meinem Platzreifekurs hatte schon Wochen zuvor in einer Rundmail an diejenigen, deren Adressen er seit dem Tag unserer Prüfung hatte, zu diesem Termin geladen. Neben uns zwei Hübschen war noch eine weitere Teilnehmerin unseres Kurses und ein Kumpel des Initiators dabei.

Das ergab, wie der Zufall es wollte, ein perfektes Vierer - Flight.

Als erstes ging es zum Aufwärmen. Wir begannen auf dem Putting Green und jeder übte für sich gut 20 Minuten, den Ball aus relativer Nähe Richtung Loch zu schubsen. Erstaunlicher Weise funktioniert das bei mir auf den Putting Greens immer recht gut, nur auf dem Platz sieht es dann anders aus...

Anschließend ging es auf die Rasenabschläge der Driving Range. Bei den ersten Bällen fühlte ich mich erstaunlich eingerostet und unbeweglich (wobei ich, objektiv betrachtet, eigentlich immer extrem unbeweglich bin) und verspürte außerdem wieder einen leicht pulsierenden Schmerz an der mittlerweile vertrauten Stelle meines Rippenbogens. Dieses Mal konnte mich das aber nicht wirklich aus der Ruhe bringen. Erstens, weil der Schmerz bei weitem nicht so erheblich war, wie bei meinem letzten Versuch und zweitens, weil ich bereits am Abend zuvor meine wiederhergestellte Belastbarkeit beim Tischtennistraining getestet hatte. Dort hatte ich ebenfalls zu Beginn wieder leichte Schmerzen bekommen, die das Training über auch andauerten, jedoch nicht schlimmer wurden. Zudem - und dies war vielleicht die noch viel wichtigere Erkenntnis - merkte ich am darauffolgenden Morgen, dem Tag unserer Golfrunde, nichts mehr davon. Dies ließ mich zuversichtlich sein, dass es sich auch diesmal nicht verschlimmern und keine negativen Langzeitfolgen haben würde. Wie soll ich sagen, ich hatte das im Gefühl.

Das Einschlagen verlief, wie gesagt, zu Beginn recht steif. Dementsprechend waren die Schläge. Im Laufe der nächsten Minuten steigerte ich mein Abschlagergebnis jedoch auf ein für mich typisches "Durchwachsen".

Nachdem ich auch nach allen 32 Bällen für meinen Rippenbereich grünes Licht geben konnte, ging ich nach dem Aufwärmen in den Pro Shop und löste voller Vorfreude mein Ticket für die ersten 9 Löcher des Fontaneplatzes (so heißt, der geneigte Leser wird es erraten, der 18 - Loch - Platz in Wall). Am ersten Abschlag entschied ich mich für die sichere Variante, das Eisen 7. Ich schlug als Dritter unseres Flights auf, die Dame der Runde kam - wie immer - zuletzt.
Das mag uncharmant erscheinen, hat aber einen ebenso traditionellen wie simplen Grund. Da Golf ein zügiges Spiel ist (zumindest sein soll, etwa die Hälfte der Etikette - Regeln beziehen sich ausschließlich auf die anzustrebende Spielgeschwindigkeit) und der Damen - Abschlag sich immer einige Meter in Richtung Fahne vor dem Herren - Abschlag befindet, schlagen zunächst alle Herren ab und bewegen sich dann gemeinsam mit der Dame in Richtung Fahne bis zum Damen - Abschlag vorwärts. Würde man die Dame zuerst abschlagen lassen, müsste sie sich anschließend quasi rückwärts, von der Fahne weg, zum Herrenabschlag bewegen, ehe man sich anschließend gemeinsam wieder vorwärts bewegen würde. Da dies unnötige Zeit kostet, hat es sich eingebürgert und wird von den Golfdamen auch problemlos akzeptiert, dass die Herren der Schöpfung in diesem Falle den Vortritt haben.

Ich könnte meine weitschweifige Erklärung natürlich auch erheblich abkürzen und einfach konstatieren, dass die Welt beim Golf eben noch in Ordnung ist... ;-)

Mein Abschlag flog schnurgerade, gut und gerne 120 bis 130 Meter weit und landete mittig auf dem Fairway. Ich war ausgesprochen zufrieden, ein guter Auftakt. Der Abschlag unserer Dame gelang nicht ganz so und sie war gleich noch zwei weitere Male in Folge an der Reihe. Obgleich ich meinen Mitstreitern beim Golf natürlich immer gelungene Schläge und allgemein nur das Beste wünsche, muss ich doch zugeben, zu diesem Zeitpunkt eine gewisse Erleichterung darüber verspürt zu haben, dass ich mich heute offenbar zumindest nicht allein blamieren würde...

Blöder Weise startete etwa 10 Minuten nach uns gleich das nächste Flight, so dass wir unter ziemlichem Zeitdruck standen, um unsere Nachfolger nicht zu lange warten zu lassen. Wir waren aber nun einmal ein reines Anfänger - Flight und insbesondere unsere charmante Begleiterin benötigte vor jedem Schlag eine nicht unerhebliche Vorbereitungszeit mit zahlreichen Probeschwüngen. Sie besaß allerdings auch das Selbstbewusstsein und die Lebenserfahrung, diese Zeit für sich in Anspruch zu nehmen und ließ sich überhaupt nicht aus der Ruhe bringen. Ich hingegen fing bereits zu diesem Zeitpunkt an, darüber nachzudenken, ab wann man das nachfolgende Flight wohl am besten zum Durchspielen auffordern sollte, um der Etikette gerecht zu werden, denn es war offensichtlich, dass wir die Herrschaften mit unserer Spielweise aufhielten.

Am zweiten Abschlag begannen wir noch vor dem nachfolgenden Flight und forderten auf Mehrheitsbeschluss noch nicht zum Durchspielen auf. Als wir mit dem Abschlagen am zweiten Loch fertig wurden, kam bereits ein weiteres Flight an und stellte sich gemeinsam mit dem uns folgenden am Abschlag 2 an. Nicht nur, dass sich dadurch mein Unwohlsein in Bezug auf die Einhaltung der Etikette erhöhte, die "Drucksituation" wirkte sich auch erheblich auf meine Konzentrationsfähigkeit bei jedem Schlag aus. Folglich brauchten wir noch mehr Schläge als üblich und wurden so noch langsamer - ein Teufelskreis - wie TV Kaiser ohne Frage sofort erkannt haben würde.

Vor dem Abschlag zum dritten Loch hatte ich meine Mitspieler soweit, dass wir auf das nachfolgende Flight warteten und die 3 Herrschaften zum Durchspielen aufforderten. Sie bedankten sich sehr erfreut und offenkundig erleichtert ob der ihnen erspart gebliebenenen, bis eben zu erwartenden Wartezeit auf ihrer Runde und machten sich sogleich ans Werk. Unglücklicher Weise waren nun sie diejenigen, denen wir im Nacken saßen und nachdem wir sie nun schon einmal vorgelassen hatten, wollten sie natürlich keinesfalls zur Bremse für uns werden. Dementsprechend verliefen die Abschläge.

Nachdem wir etwa 10 Minuten darauf gewartet hatten, dass die nun vor uns spielenden, ehemaligen Nachfolger weit genug auf der dritten Bahn voranschritten, dass auch wir abschlagen konnten, kam das nächste Flight, diesmal nur aus 2 Personen bestehend, am Abschlag an. Wir beschlossen kurzerhand, noch einmal etwas zu warten und auch diese beiden durchspielen zu lassen. Auch die beiden bedankten sich sehr erfreut, man wünschte sich gegenseitig noch ein schönes Spiel und bald darauf konnten auch wir uns, nach einer nunmehr fast halbstündigen Pause, an den dritten Abschlag machen. Mit dieser Verzögerung hatten wir für die ersten beiden Löcher etwas über 1,5 Stunden gebraucht, mit einer solchen Spielzeit hatten wir selbst in unseren düstersten Vorahnungen nicht gerechnet. Es stellte sich bereits hier die Frage, ob wir die 9 Löcher wohl würden zuende spielen können, denn eigentlich hatten wir alle einen Zeitpunkt im Kopf, zu dem wir spätestens zuhause hatten sein wollen.

Wir spielten also weiter und diesmal ging mein Abschlag völlig daneben. Statt geradeaus flog der Ball praktisch im 90° - Winkel nach rechts und landete passgenau in einem etwa 1,50 Meter breiten Wasserhindernis, mitten in mannshohem Schilf. Angesichts der Tatsache, dass bereits das nächste 2er - Flight auf dem Weg zum Abschlag 3 war, verschwendete ich keine Zeit mit aufwendiger Suche (ja, ich schreibe aufwändig noch immer und mit voller Absicht mit e) nach dem kleinen weißen Scheißerchen und gab den Ball verloren. Stattdessen dropte ich unter Inkaufnahme eines Strafschlages einen neuen Ball innerhalb von 2 Schlägerlängen von dem Punkt, wo der erste mutmaßlich in das Wasserhindernis eingetreten war und schlug aus ziemlich unangenehm langem Gras, erneut mit meinem 7er Eisen. Trotz der schwierigen Balllage traf ich diesen Ball wunderbar und er landete auf der anderen Seite des Wasserhindernisses in gut spielbarer Lage.

Dies war übrigens so ungefähr der Zeitpunkt, zu dem mir auffiel, dass ich praktisch keine Schmerzen mehr hatte. Die Zone an meinem Rippenbogen hatte sich scheinbar vollständig entspannt. Meine Erleichterung in diesem Moment war nur schwer in Worte zu fassen, daher behielt ich das wohlig warme Gefühl einfach für mich und freute mich im Stillen daran. Hatte ich nach den Wochen der Golfabstinenz zuvor schon ernsthafte hypochondrische Züge und darüber hinaus die Sorge entwickelt, ich könnte mich möglicher Weise für die Belastungen des Golfsports als ungeeignet erweisen und vielleicht auf Dauer gar nicht mehr spielen, waren diese Ängste nun zerstreut und ich konnte nun wieder einer, ebenso enthusiastischen wie erfolglosen, Zeit als Golfamateur bis ins Greisenalter freudig entgegen blicken.

Am vierten Abschlag ließen wir dann das uns nachfolgende 2er - Flight überholen und hatten nunmehr inzwischen 3 Flights durchgelassen, was unsere eigene Spielzeit weiter in die Höhe trieb. Hinzu kam, dass unsere Dame sich weiterhin völlig ungerührt jede Zeit nahm, die zu brauchen sie meinte und sie sich auch hinsichtlich einiger Anmerkungen, vielleicht wenigstens ihr Bag zum jeweils nächsten Schlag mitzunehmen und nicht jedes Mal 15 Meter dahinter stehen zu lassen, nur um anschließend zurückgehen und es aufnehmen zu müssen, was weitere wertvolle Zeit kostete, ziemlich beratungsresistent. Ich spürte, wie der Verlauf der Runde und das Verhalten meiner Mitspielerin, bei allem Verständnis für ihren Anfängerstatus und ihre Position als Flight - Älteste, mir allmählich auf die Nerven ging und die Laune verdarb. Ich wurde in meinen Kommentaren ihr gegenüber allmählich zickig, was sie sicher nicht verdient hatte.

Gelegentlich fehlt es mir einfach noch an der notwendigen Gelassenheit und ich denke zu viel darüber nach, wie möglicher Weise Andere über eine solche Spielweise denken würden und fühle mich dann unnötiger Weise gleich mit gedemütigt. Im Grunde sollte mir das vermutlich egal sein und wenn sich ein nachfolgendes Flight an dem Spieltempo stört, soll es gefälligst etwas sagen. Irgendwie bekomme ich in solchen Situationen aber oft nicht den rechten Abstand zu solchen Dingen und fühle mich in der Pflicht, andere in "vorauseilendem Gehorsam" vermeintlich zufrieden zu stellen. Wie dem auch sei, die Sache wurde für mich allmählich stressig und der Spaß begann, auf der Strecke zu bleiben.

Nach einem kurzen Par 3 am 5. Loch, welches wir vergleichsweise zügig absolvierten, einigten wir uns aufgrund der fortgeschrittenen Zeit, wir waren inzwischen seit mehr als 3 Stunden auf dem Kurs, nach dem 6. Loch aufzuhören und nach Hause zu fahren.

Noch am 6. Abschlag überholte uns dann ein sympathisches Pärchen mit Kind und gab, kein bisschen genervt und sehr freundlich, bekannt, uns nur kurz überholen und einfach am nächsten Loch weiterspielen zu wollen. Der Herr dieses Pärchens kam mir auf den zweiten Blick äußerst bekannt vor. Es war mein freundlicher Turnier - Spielpartner vom Auswärtigen Amt, der gute Mann, der sich bei meinem ersten Beginner Cup um gleich 9 HC - Punkte verbessert und den 4. Platz nach Nettowertung (Bei Gelegenheit werde ich hier im Blog mal die Unterschiede von Brutto- und Nettowertung erläutern, für diejenigen, die damit weniger vertraut sind) belegt hatte. Ich begrüßte ihn freudig und er erkannte mich. Wir tauschten noch kurz Nettigkeiten aus und seine charmante Frau sagte etwas Nettes über mein blaues Polo - Shirt, das hier im Blog bereits im Foto verewigt ist.

Durch diese Begegnung wieder aufgeheitert genoss ich die für uns abschließende Runde auf der 6. Bahn wieder und fand zum Spaß zurück. Am 7. Loch, einem Abschlag über einen größeren Teich, opferte ich dann aus purem Vergnügen noch einen weiteren Ball dem Golfgott, indem ich mich noch an einem halbherzigen Abschlag versuchte, der erwartungsgemäß inmitten des Teichs landete, dann war es für den Tag genug.

Wir stellten beim abschließenden Kaltgetränk übereinstimmend fest, dass wir grundsätzlich Spaß am gemeinsamen Spiel gehabt hatten, beim nächsten Mal aber vielleicht eher in 2er - Flights antreten würden, um nicht den ganzen Spielbetrieb aufzuhalten. Dennoch nahmen wir uns vor, gemeinsame Spiele unseres Platzreifekurses auch künftig von Zeit zu Zeit ins Auge zu fassen.

Meine Leistungen an diesem Tag machten mir nicht unbedingt Mut für meinen zweiten Beginner Cup, für den ich am folgenden Tag, den 20.10.12 bereits gemeldet war. Aber das schob ich auf die Umstände dieser langwierigen Runde...